Vorwort zur Ausstellung
Der Stab des Aesculap wurde
nicht zum alleinigen Herrscher über diesen Medizinmann. Aus den
Büscheln seiner ausgerauften Haare fertigte er sich seinen Farbenpinsel
und im Wechsel der Gezeiten vollführt dann dieser seine ekstatischen
Tänze auf der farbstrotzenden Leinwand.
Vergessen sind die Kranken in ihren bleichen Leintüchern, die
Rosenkränze aus malignen Lymphknoten und eine fiebrige Hilflosigkeit,
all die alten wunden Rücken in den städtischen Aktenregalen zu
verstauen.
Gerade hat sich purpurner Himmel eingestellt, und die Erde trägt
heute malaiengelbe Knöpfe, Männerbraun ertrinkt im Kinderrot - und von
blaurostigen Kirchwänden abgeschabtes Gelb verharzter Tränen vermählt
sich mit dem Weiss des abgebrochenen Haifischzahnes - Narren jagen
gebrochene Herzen und Müttergeneräle senden ein Heer von Kinderlachen
hinaus in den ewigen Krieg.
Odysseus verläuft sich im Eulenspiegel-Kabinett des elterlichen
Schlafzimmers auf der Suche nach dem zweiten Ich. Mit Blau-tata und
Grün-bimbim betritt der Sonnengott RA den blutbefleckten Blütenstaub
der erhitzten Arena, die Narrenkappe auf das farbenfrohe Haupt
gedrückt, bereit zum ersten Gefecht.
"Ich bin, also male ich", spricht der Meister und eine
farbensprühende Pirouette von Künstlerhand zieht sicher ihre Kreise.
Kommt Zeit, kommt RA
Marianne Sägebrecht |